23. Sitzung am 6. März 2023

In der 23. Sitzung des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses des Bayerischen Landtags stand die Vernehmung dreier Zeugen auf dem Programm.

Der erste Zeuge war als Oberstaatsanwalt bei dem Generalbundesanwalt ab dem Jahr 2011 unter anderem für das Straferfahren gegen Mandy Struck zuständig.

Nach dem Jahr 2013 gab es keine umfangreichen Ermittlungen gegen Struck mehr. Es wurde seitens der Bundesanwaltschaft lediglich abgewartet, ob sich aus der Beweisaufnahme des NSU-Prozesses in München neue Erkenntnisse ergeben. Als dies mit Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts München nicht festgestellt werden konnte, wurde das Verfahren gegen Struck auch wegen möglicher späterer Unterstützungshandlungen eingestellt. Diese ließen sich nach Ansicht des Bundesanwalts nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen. Die sicher nachweisbaren Unterstützungshandlungen Anfang der 1990er Jahre waren bereits zu Beginn der Ermittlungen im Jahr 2011 verjährt.

Als nicht ermittlungsrelevant bezeichnete der Zeuge eine gemeinsame Geburtstagsfeier Chemnitzer und Nürnberger Skinheads für Struck in Nürnberg nur fünf Tage vor dem Mord an Abdurrahim Özüdoğru ebenfalls in Nürnberg.

„Es ist erstaunlich, dass Sie heute hier angegeben haben, dass man sich nicht zu früh auf die Triothese festgelegt hat, aber gleichzeitig ein so verdächtiges Treffen ignoriert wird“, ordnete der Ausschussvorsitzende Toni Schuber die Angaben des Zeugen ein.

Der Zeuge schilderte, wie die Ermittlungen nach der Selbstenttarnung des Kerntrios geführt wurden. Mit konkreten Tatverdächtigen hätten sich die Ermittlungen sehr viel einfacher gestaltet als zuvor ohne diese Ansatzpunkte. Es sei die übliche Methode angewandt worden und „von innen nach außen“ ermittelt worden. Die rechte Szene sei nicht flächendeckend nach möglichen Mittätern oder Unterstützern durchleuchtet worden. Dies sei nur an den Stellen passiert, an denen sich konkrete Anhaltspunkte ergeben hätten.

„Diese Art der Ermittlungen führte dazu, dass man nach Ansatzpunkten im Umfeld der Opfer suchte. Dies konnte bei Tätern aus dem Phänomenbereich Rechtsterrorismus nicht zum Erfolg führen. Eine Lösung könnte eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten und Rechtsterrorismus sein, die besondere Sachkunde über den Phänomenbereich hat,“ sagte Ausschussmitglied Cemal Bozoğlu.

Der zweite Zeuge des Tages war als Kriminalbeamter für die BAO Bosporus tätig und wertete unter anderem die Spur der Ceska Waffe aus. Er überprüfte die legalen Besitzer von Ceska-Pistolen, aber auch digital Spuren wie Doppeltreffer in Funkzellendaten der Tatorte. Leider verlief die Verfolgung aller Spuren ergebnislos. Ein einmalig eingeloggtes Täterhandy am Tatort Boulgarides trat dabei nicht zu Tage und war dem Zeugen auch bis zum heutigen Tag nicht bekannt.

Zuletzt war ein Polizeibeamter geladen, der bereits 2003 im Rahmen der Zielfandung nach dem untergetauchten Kerntrio den Häftling Kai Seidel in der JVA Landsberg vernahm. Der Zeuge hatte leider keinerlei eigene Erinnerung an die Vernehmung mehr.

Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses findet am Donnerstag, den 9. März 2023 14:00 Uhr mit der Einvernahme von Andreas K. und Christian W., zwei führenden Kadern der rechtsextremen Szene in Nürnberg in den 90er und 00er Jahre, statt.

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