Am 24.10.2022 hat der NSU-UA-II im Bayerischen Landtag ganztägig getagt und dabei die inhaltliche Beweisaufnahme zum so genannten „Taschenlampenanschlag“ vom Juni 1999 in Nürnberg fortgesetzt. Wichtigster Zeuge dieser Sitzung war der Geschädigte Mehmet O., der beim Taschenlampenattentat des NSU durch eine Rohrbombe verletzt wurde. O. erlitt durch die Explosion Verletzungen am ganzen Körper und hatte starke Einschränkungen beim Hören.
Cemal Bozoğlu: „Während der Sitzung konnte ich Mehmet O. deutlich anmerken, wie wichtig ihm dieser Moment ist! Endlich, nach mehr als zwanzig Jahren, hat er die Gelegenheit bekommen, in einer wichtigen Sitzung, vor Abgeordneten des Parlaments, seine Geschichte zu erzählen, einen Beitrag zur Aufklärung zu liefern und auch um anzuklagen! Das musste sein! Die bisherigen Erkenntnisse zeigen uns auch, wie wichtig es ist, die Spuren aus den Sprengstoffanschlägen bis in das letzte Detail zu verfolgen. Neben Musikkonzerten könnte auch die Proteste zu Wehrmacht-Ausstellungen zur Vernetzung gedient haben. Deshalb müssen wir neben dem Taschenlampenattentat von 1999 auch diesen Punkt sowie die Anschlagsvorbereitung auf die Münchener Synagoge genau durchleuchten. Den Spuren der Sprengstoffanschläge gilt es nachzugehen.“
Mehmet O. wollte sich damals in Nürnberg mit der Übernahme der Pilsbar „Sonnenschein“ einen Lebenstraum verwirklichen. Dieser aber wurde durch den Anschlag jäh zerstört wurde. In der Sitzung schilderte er eindrücklich, wie der Anschlag sein Leben nachdrücklich negativ verändert hat. Er hatte Angstzustände und sagte in diesem Zusammenhang: „Ich habe jahrelang unter Depressionen gelitten.“ Dabei betonte er: „Meine Psyche kann mir Niemand mehr zurückgeben. Meine Jugend kann man mir nicht mehr zurückgeben.“
Am Tag vor dem Anschlag waren Angehörige und Bekannte in der Bar, um gemeinsam die Eröffnung zu feiern. Mehmet O. geht davon aus, dass die als Taschenlampe getarnte Rohrbombe während dieser Eröffnungsfeier vom NSU im Toilettenbereich deponiert wurde. Er ist überzeugt: „Wenn mein Fall richtig ermittelt worden wäre, hätten die Morde des NSU vielleicht verhindert werden können.“ In den ersten Ermittlungen durch die bayerische Polizei sei er vor allem als Beschuldigter vernommen worden, wobei ihm auch ein möglicher Versicherungsbetrug oder Drogengeschäfte unterstellt worden seien.
Einen kompletten Bericht der 11. Sitzung des Untersuchungsausschusses finden Sie wie gewohnt in unserem Blog unter: https://nsu-untersuchungsausschuss.de/?p=282.
Die 12. Sitzung des Ausschusses wird am 7. November 2022 (Montag) um 10:00 Uhr im Bayerischen Landtag beginnen.
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